Neubau eines Mehrfamilien- und Geschäftshauses
Um die benötigte Heizlast für das Effizienzhaus 40 zu erreichen, kommt ein intelligentes System mit einer Kombination verschiedener Wärmeerzeuger zum Einsatz.
Ein Haus mit „grünem Daumen“
Fakten: Mehrfamilienhaus mit 26 Wohneinheiten, Geschäfts- und Gewerbeflächen in 56073 Koblenz
Baujahr: 2022
Wohn-/Nutzfläche: ca. 680 m²
Wärmeverteilung: Fußbodenheizung
Maßnahme: Neubau eines Mehrfamilien- und Geschäftshauses
Heiztechnik: Abluft-Wärmepumpe GreenMaster HP-4-16/12L mit integrierten NIBE 1155-12 Wärmepumpen-Modulen, vier Luft/Wasser-Wärmepumpen NIBE F2120-20 in Kaskade, 26 Brauchwasser-Wärmepumpen NIBE MT-MB21 mit 190 Liter Speicher
Besonderheit: Effizienzhaus 40, dezentrale Warmwasserversorgung der Wohnungen mit Mirco-Booster Wärmepumpen, passiver Kühleffekt durch Warmwasserentnahme
NIBE Effizienzpartner: GST Gebäudesystemtechnik Wagner GmbH
Im Einklang mit der Natur
Auf dem Gelände einer großen Gärtnerei im zentral gelegenen Koblenzer Stadtteil Goldgrube, unweit des Hauptbahnhofs, standen mehrere große Gewächshäuser, die für den Gärtnereibetrieb nicht mehr benötigt wurden.
Die Besitzer der Gärtnerei beschlossen, die Grundstücksfläche für den Neubau eines modernen Mehrfamilienhauses mit Geschäfts- und Gewerbeflächen zu nutzen. Der „grüne Daumen“, den sie beim Anbau und der Pflege der Pflanzen in der Gärtnerei einsetzen, sollte auch bei der Planung und Realisierung des Neubaus eine wichtige Rolle spielen.
Zusammen mit dem Geschäftsführer des NIBE Effizienzpartners GST Gebäudetechnik, Bernd Wagner, konzipierten sie ein Effizienzhaus 40. Nach außen deutlich sichtbare Zeichen des Nachhaltigkeitskonzeptes sind die großflächig eingesetzten Fassadenbegrünungen, die im Sommer einen Beitrag zur Verschattung des Gebäudes leisten und sich in der kalten Jahreszeit positiv auf die Isolierung der Gebäudehülle auswirken. Dieses Konzept setzt sich bei der Gestaltung des Baukörpers mit begrünten Innenhöfen fort und steigert die Wohn- und Lebensqualität für die Bewohner.
Dämmung der Gebäudehülle
Um den Effizienzhaus-40-Standard zu erreichen, wurde das Gebäude im Jahr 2022 mit einem durchdachten energetischen Konzept gebaut: Eine sehr gute Wärmedämmung der Außenwände, der Bodenplatte und des Dachs in Verbindung mit einer Dreischeiben-Wärmeschutzverglasung und wärmedämmenden Fensterrahmen sorgen für eine Minimierung von Wärmebrücken und schaffen eine luftdichte Gebäudehülle.
Systemtechnik zum Erreichen der Heizlast
Zur konsequenten Fortsetzung des anspruchsvollen Konzepts mit minimalem Energieaufwand für die Haustechnik setzte Bernd Wagner ein mehrstufiges System ein. Die errechnete Heizlast des Gebäudes beträgt ca. 70 kW. Um diese Heizleistung zu erreichen, wurden mehrere Wärmeerzeuger intelligent miteinander verbunden.
Wärme aus verbrauchter Luft
Über ein Rohrsystem wird die durchschnittlich 22 bis 23 °C warme verbrauchte Raumluft aus den Küchen, Bädern und Gäste-WCs der 26 Wohnungen abgesaugt und zu der GreenMaster HP auf dem Dach des Gebäudes geleitet. Dieses Abluftaggregat kühlt die Abluft auf fast 0 °C herunter, und die integrierten Wärmepumpen gewinnen damit Wärme zurück. Die Heizleistung dieser Anlage liegt mit der aus den Wohnungen zur Verfügung stehenden Luftmenge bei ca. 20 kW.
Das Gehäuse der GreenMaster HP besteht aus zwei Ebenen, das eigentliche Lüftungssystem befindet sich im oberen Bereich. Die abgesaugte Raumluft tritt über den Abluft-Anschluss ein, durchströmt einen Luftfilter und passiert anschließend den mit zwei Sole/Wasser-Wärmepumpen-Modulen verbundenen Wärmetauscher. Dort wird der Abluft die Wärmeenergie entzogen, die für die Gebäudeheizung genutzt wird. Anschließend wird die entwärmte Abluft über den Ventilator ins Freie geblasen.
Frische unverbrauchte Luft strömt kontinuierlich über Zuluftöffnungen in den Rollladenkästen nach. So sorgt das System benutzerunabhängig jederzeit für eine gute und gesunde Raumluft in den Wohnungen. Die in der verbrauchten Abluft enthaltene Wärme wird sinnvoll und effizient genutzt.
Vier Luft/Wasser-Wärmepumpen in Kaskade
Die zweite Wärmequelle für die Gebäudeheizung besteht aus vier Luft/Wasser-Wärmepumpen NIBE F2120-20, die in Kaskade betrieben werden und die restlichen 50 kW Heizleistung bereitstellen. Die Kaskade steht vor dem Heizraum, der platzsparend auf dem Dach des Gebäudes untergebracht wurde.
„Wir mussten die Heizleistung der Anlage insgesamt etwas größer dimensionieren, weil der örtliche Energieversorger zweimal täglich drei Stunden Abschaltzeit für die Luft/Wasser-Wärmepumpen vorschreibt“, erläutert Bernd Wagner. „Die Wärmeerzeugung durch die Abluftanlage ist davon nicht betroffen, und mit einem groß ausgelegten Pufferspeicher können die Ausfallzeiten der Luft/Wasser-Wärmepumpen während der Abschaltung sicher überbrückt werden.“
Warmes Wasser aus dem Micro-Booster
Für die Versorgung der Wohnungen mit warmem Wasser werden sogenannte „Micro-Booster“ eingesetzt. Es handelt sich dabei um NIBE MT-MB21 Brauchwasser-Wärmepumpen mit einem 190 Liter fassenden Warmwasserspeicher, die als Wärmequelle den mit geringen Temperaturen arbeitenden Vorlauf der Fußbodenheizung nutzen. Ein großer Vorteil dieser in jeder Wohnung dezentral installierten Warmwasserversorgung liegt darin, dass die Auflagen für eine Brauchwassergroßanlage nicht erfüllt werden müssen, jede Wohnung wird von einer Kleinanlage versorgt, die keiner Trinkwasserhygiene unterliegt. Hinzukommt, dass der aufwändige und energetisch unvorteilhafte Leitungsbau für eine Zirkulationsleitung entfällt und für jeden Bewohner jederzeit ausreichend warmes Wasser bereitgestellt werden kann. Die Abrechnung erfolgt transparent und entsprechend dem tatsächlichen Verbrauch für jede Wohnung.
„Die Investitionskosten für die dezentrale Wasserversorgung sind etwas größer, aber um ein Effizienzhaus 40 in einem Gebäude mit 26 Wohnungen zu realisieren, ist das eine sehr gute Lösung, die darüber hinaus im Betrieb sehr wirtschaftlich arbeitet, da Wassertemperaturen bis zu 65 °C aus dem Heizungsvorlauf erzeugt werden können“, fasst Bernd Wagner das Konzept zusammen.
Kostenlos kühlen im Sommer
Ein weiterer großer Vorteil dieser Anlagenkonzeption ist ein passiver Kühleffekt im Sommer. Die Brauchwasserwärmepumpen werden in den Wohnungen über den Heizkreisverteiler für die Fußbodenheizungen versorgt. Wenn warmes Wasser z. B. zum Duschen entnommen wird, wird dem System Wärme entzogen und die Fußbodenheizung überträgt den Kühleffekt auf die Wohnung – das trägt zu einem angenehmen Wohnklima bei.
Was ist ein Effizienzhaus 40?
Ein Effizienzhaus ist ein energetischer Standard für Wohngebäude, der sich aus zwei Kriterien zusammensetzt
- Wie hoch ist der Gesamtenergiebedarf der Immobilie?
- Wie gut ist die Wärmedämmung der Gebäudehülle?
Diese Werte werden mit dem Primärenergiebedarf und dem Transmissionswärmeverlust angegeben.
Die Kennzahl 40 gibt an, dass das Effizienzhaus nur 40 % Primärenergie benötigt (verglichen mit einem Referenzgebäude nach Gebäudeenergiegesetz). Zudem liegt der Transmissionswärmeverlust bei nur 55 % des Referenzgebäudes. Der bauliche Wärmeschutz ist somit um 45 % besser.